7402 | Seminar
David Stoop
Dienstag | 12.00 bis 13.30 | wöchentlich
Raum 701 | HF, Pavillion
Beginn | 12. Oktober 2010
Kontakt | David Stoop
Kommentar
„Der Kulturalismus ist ein Neorassismus“, mit diesen Worten beschrieb Etienne Balibar die Erneuerung des biologisch gerechtfertigten Rassismus als Kulturrassismus, der nun statt der Biologie die „Kultur“ als bestimmende Wesensgrundlage der Individuen behauptete. In einheitliche „Kulturkreise“ eingeteilt, die den „kulturellen Charakter“ ihrer Mitglieder unentrinnbar determinieren, wird Kultur so zur „zweiten Natur“ erklärt, die als Zielscheibe rassistischer Zuschreibungen über „raffgierige Juden“, „gewalttätige Muslime“ und „gute Christenmenschen“ dient. Wie das Minarettverbot in der Schweiz gezeigt hat, ist die Rede vom „Kampf der Kulturen“ (Huntigton) zwischen einer angenommenen „westlich-abendländischen“ und einer als einheitlich wahrgenommenen „muslimischen Kultur“ nicht nur ein Hauptfokus rechtsextremer Parteien, sondern auch Bestandteil wirkungsmächtiger (Medien-) Diskurse in der Mitte der Gesellschaft.
Die Frage nach rassistischen Feindbildern ist dabei eng verknüpft mit der Frage nach der demokratischen Verfasstheit westlicher Gesellschaften und der teilweisen Aussetzung angeblich universell gültiger Menschenrechte durch die nationalstaatlich organisierte Struktur kapitalistischer Vergesellschaftung. Im Zuge des Seminars sollen neben empirischen Erkenntnissen zu aktuellen Formen von Rassismus auch antirassistische Diskurse und hegemoniale Narrative einer multikulturellen liberalen Gesellschaft kritisch in den Blick genommen werden, um rassistische Exklusionslinien und emanzipatorische Perspektiven aufzeigen zu können. Neben „Klassikern“ der Rassismustheorie, wie Robert Miles oder Etienne Balibar sollen dabei auch Ansätze von Michel Foucault, Slavoj Zizek und Homi Bhabha berücksichtigt werden, um die empirischen Erkenntnisse zur Alltäglichkeit rassistischer Ausschließung vor dem Hintergrund unterschiedlicher theoretischer Ansätze diskutieren zu können. Da manche relevanten Aufsätze nur in englischer Sprache verfügbar sind, sollten die TeilnehmerInnen des Seminars bereit sein, fremdsprachige Texte zu bearbeiten.